Renaturierung der Dinkel in Epe

Renaturierung der Dinkel in Epe

Sammelmaßnahme EU-WRRL „Renaturierung Dinkelniederung Epe 

und Umlegung Strothbach“

Auf dem Gebiet der Stadt Gronau wurden im Rahmen der Dinkelrenaturierung 4 Einzelmaßnahmen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) in 2020 fertiggestellt. Diese Wasserbaumaßnahmen wurden durch die Bezirksregierung Münster mit 80% gefördert, wobei der 20% Eigenanteil der Stadt Gronau dem städtischen Ökopunktkonto gutgeschrieben werden konnte.

Übergreifendes Ziel dieser Renaturierungsmaßnahmen war es, in der Dinkel und deren Uferzonen möglichst naturnahe Lebensräume zu schaffen bzw. wiederherzustellen. Man spricht von einem sogenannten Leitbild bzw. Entwicklungsziel der Dinkel: Fließgewässer und ihre Auen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen. Unter natürlichen Bedingungen finden sich in Flusslandschaften Lebensraumtypen wie Gewässer, Wälder, Gebüsche, Sümpfe, Grasländer, unbewachsene Kies- und Sandflächen sowie Röhricht und Hochstauden. Die Kraft des Wassers schafft Uferabbrüche, in denen Eisvögel brüten, flach überströmte Schotterbänke als Laichplätze, im Wasser vermodernes Holz, in dem Köcherfliegenlarven wohnen und schlammige Gleitufer sowie Auentümpel, in denen Libellen ihre Eier ablegen.

Nach dem 2. Weltkrieg waren zwei Gründe für den Flussausbau besonders wichtig. Flächengewinn für die Nahrungsmittelproduktion und das Verhindern von Überflutungen in der Aue. Seitdem haben sich die Zeiten gewandelt und andere Funktionen der Aue stehen wieder im Vordergrund: Wiederherstellung wichtiger Lebensräume für Tiere und Pflanzen, Förderung der Reinhaltung der Gewässer und Abbremsen der Hochwasserwellen durch Rückhaltung auf natürliche Art in den ursprünglichen Überschwemmungsgebieten. Ungefesselte Flüsse mit lebendigen Auen üben auf Menschen seit jeher eine magische Anziehung aus.

Werden die Veränderungen der Lauflänge der Dinkel in der Zeit zwischen dem Jahr 1850 und 2010 verglichen, wird deutlich, dass hier nur wenige Mäander durch Begradigung beseitigt wurden. Allerdings wurde die Dinkel größtenteils mit einem technischen Regelprofil ausgebaut. Die Profilierung samt Uferbefestigung und Totholzräumung führten in der Vergangenheit zu einer starken Tiefenerosion des Flusses. Dabei wurde die Flussdynamik unterbrochen, die Vielfalt der Strukturen beseitigt und der Kontakt der Dinkel zur Aue unterbrochen. Überflutungen der Aue finden heute nur noch sehr selten bei größeren Hochwasserabflüssen statt.

Als mittel- bis langfristiges Entwicklungsziel für die Dinkel und ihre Aue sehen wir daher im Vordergrund „eine durch die Flussdynamik geprägte, sich in Teilen ohne menschliche Eingriffe entwickelnde Auenlandschaft, in der naturnahe Lebensräume der alten Kulturlandschaft enthalten sind“ sowie die Förderung der Gewässerretention zur Dämpfung der ablaufenden Hochwasserwellen.

Luftbild eines neu geschaffenen Bachlaufs


Die in den Jahren 2019/20 umgesetzten 4 Maßnahmen an der Dinkel befinden sich zwischen dem Alfertring am Freibad Epe und der Ortsgrenze zu Nienborg in der Gerdingsseite. Drei Bereiche der Einzelmaßnahmen stehen im Eigentum der Stadt Gronau und ein weiterer befindet sich auf den Flächen der „Stiftung Kulturlandschaft Kreis Borken“, welche wiederum in vier kleinere Einzelmaßnahmen aufgeteilt wurden. Durch die enge Kooperation der „Stiftung Kulturlandschaft Kreis Borken“ und der Stadt Gronau konnten die 4 Projekte zügig umgesetzt werden.

Luftaufnahme mit neu geschaffenen Uferzonen und angrenzendem Grünland


Im Einzelnen wurden auf den Flächen der beiden Eigentümer an vielen Stellen Totholz eingebaut, um die biologische Vielfalt der Dinkel zu verbessern. Totholz bietet vielen Fischen und deren Nährtieren Fluchtplätze, Unterstände und Nahrung. Das Holz wurde im Wasser zusätzlich mit Pfählen und Bolzen gesichert, damit es nicht weggeschwemmt werden kann. Es wurden sogar Baumstämme und ganze Bäume eingebracht, die als Strömungslenker für die Initiierung der natürlichen Flussdynamik dienen. Zudem sorgen verschiedene geschwungene Gewässerverläufe dort für die Zunahme der Strömungsvielfalt. Dadurch kommt es unter anderem zu einem kleinräumig wechselnden Auf- und Abtrag von Sand, Steinen, Kies und Totholz oder auch zu Inselbildungen. Zusätzlich wurden Sekundärauen geschaffen, die als neue Überflutungs- bzw. Retentionsräume dienen. Die Zunahme der Strukturvielfalt ermöglicht dadurch zahlreichen Pflanzen und Tieren neue Lebensräume.

Luftbild einer Flussschleife

Bereits nach wenigen Monaten haben sich in einigen Teilbereichen der Maßnahmen am Flussbett der Dinkel große, helle Sandstreifen gebildet, die bei sommerlichen Temperaturen bei vielen Menschen auf großes Interesse stoßen. Dennoch bitten der Kreis Borken und die Stadt Gronau darum, die renaturierten Bereiche nicht zu betreten und nur von außen zu betrachten, da sich ein Großteil dieser Flächen im Naturschutzgebiet „Dinkelaue Gronau-Epe“ befinden. Dort leben seltene und gefährdete Vogelarten, die sehr empfindlich auf Störungen reagieren.

Als weiteres „Leuchtturmprojekt“ an der Dinkel konnte in den Jahren 2021/2022 die Umlegung des Strothbaches einschl. Erneuerung der Dinkelbrücke Clemensschleuse umgesetzt werden.

Es wurden Maßnahmen zur Erhöhung der Strukturdiversität in und an den Gewässern Dinkel und Strothbach vorgenommen. Innerhalb einer ca 1,20 ha großen geplanten Sekundäraue konnten gewässertypische gewundene Profile mit Uferzonen und Inselstrukturen entstehen. Innerhalb der geplanten Sekundäraue und der darin verlaufenden Gewässer stand zunächst die bauliche Umsetzung der geplanten Maßnahmen im Fokus. Eine eigendynamische Entwicklung der Gewässer wurde daraufhin unter Einhaltung der vorhandenen Nutzungsrestriktionen zugelassen.

Anlass zum gegebenen Projekt gab die Planung, die beiden Brückenbauwerke über den Strothbach und die Dinkel im Projektgebiet zu erneuern und durch ein einzelnes Bauwerk zu ersetzen. In diesem Rahmen wurde die Weite des Brückenprofils so gewählt, dass der Abfluss eines hundertjährlichen Hochwassers (HQ100) beider Gewässer durch einen Durchlass abfließen kann und es weder im Unter- noch im Oberwasser zu einer signifikanten Verschlechterung der Hochwassersituation kommt. Im gleichen Zuge wurde die vorhandene Sohlschwelle unterm Dinkelbauwerk entfernt und die ökologische Durchgängigkeit somit gewährleistet. Oberhalb der Mittelwasserlinie wurde das Profil abgesenkt, um zudem die terrestrische Durchgängigkeit entlang der Gewässer zu gewährleisten.

Für die Dinkel ist am linken Ufer eine Profilaufweitung sowie eine Abflachung des Ufers umgesetzt worden. Ansonsten beschränken sich die Maßnahmen an der Dinkel auf Strukturaufwertungen innerhalb des bestehenden Profils. Diese bestehen aus Strömungslenkern im Bereich der Mittelwasserlinie sowie Auskolkungen zur Erhöhung der Habitat- und Strömungsdiversität.

Der Strothbach wurde auf der gesamten Projektlänge baulich umgestaltet. Der geplante Mündungsbereich in die Dinkel wurde in das Oberwasser der neuen Dinkelbrücke verlegt. Bis zum Eingang in das Projektgebiet wurde das Gewässer Strothbach mäandrierend mit Böschungsneigungen zwischen 1:1 und 1:8 angelegt, um die Ausbildung von Gleit- und Prallufern zu ermöglichen. Das angrenzende Gelände wurde abgeflacht, um als Sekundäraue periodisch zwischen dem Mittelwasserabfluss (MQ) und einjährigem Hochwasser (HQ1) überflutet zu werden. Im nordöstichen Bereich wurde die Sekundäraue an das umgestaltete linke Dinkelufer angebunden. Innerhalb der Fläche wurden Inselstrukturen unterschiedlicher Höhe angelegt, um die Habitatdiversität zu erhöhen, indem variable Grundwassereinflüsse geschaffen wurden. Auf der gesamten Gewässerstrecke wurden Totholzelemente eingebunden.

Da das gesamte Plangebiet im Überschwemmungsgebiet der Dinkel liegt, führte sämtlicher Bodenaushub aller Maßnahmen zur Erhöhung des Retentionsvolumens von ca. 41.000,00 m³.

Luftbild mit neu gestalteten Uferzonen und einer Brücke im Hintergrund

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