Was beeinflusst die Bodenbewegungen im Kavernenfeld Epe?


Der Untergrund von Gronau und Umgebung ist selbst für Geologen ein herausforderndes Gebiet: Seit fast 50 Jahren wird hier intensiv Salz gefördert. Dabei sind große Hohlräume, die so genannten Kavernen, in Tiefen zwischen 1.000 Metern und 1.500 Metern entstanden. In den meisten von ihnen wird inzwischen Erdgas, Erdöl oder Helium gespeichert. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die ganze Region. Gleich nebenan liegt außerdem das Naturschutzgebiet Amtsvenn, eine knapp 9 Quadratkilometer große Moorlandschaft. 

Diese spezielle Lage führt schon seit Jahren immer wieder zu Spannungen – nicht nur in den geologischen Strukturen selbst, sondern auch zwischen den Anwohnern, der Stadt und den verschiedenen Betreiberunternehmen. Grund hierfür sind vor allem Bodenbewegungen, die langfristig zu Absenkungen im Gelände und damit zu Gebäudeschäden und zu einem veränderten Wasserhaushalt führen können. Doch: Was stammt tatsächlich vom Bergbau? Was ist natürlich bedingt? Hier setzt eine neue, bisher beispiellose Forschungskooperation rund um das Kavernenfeld Epe an, die heute geschlossen wurde. Darin beteiligen sich die Stadt Gronau, die Bürgerinitiative Kavernenfeld Epe e.V. (BIK), die EFTAS Fernerkundung Technologietransfer GmbH sowie das Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) der Technischen Hochschule Georg Agricola aus Bochum.

Gemeinsam wollen die Akteure eine Lösung entwickeln, mit der sich bestimmen lässt, wo die Bodenbewegungen im Kavernenfeld herrühren. „Um die Prozesse im Detail zu verstehen, ist ein passgenaues und ganzheitliches Monitoring aller Faktoren entscheidend, die auf die Bodenbewegungen in der Region einwirken“, erklärt Prof. Dr. Peter Goerke-Mallet vom FZN. Dabei sollen Satellitendaten des EU-Raumfahrtprogramms Copernicus ebenso zum Einsatz kommen wie lokale Informationen und das Wissen der Bürgerinnen und Bürger.

Alle Beteiligten mit Bürgermeister Rainer Doetkotte.



Mehr Vertrauen durch Transparenz

„Mit dieser neuen Forschungskooperation wollen wir vor allem eine Vertrauensbasis schaffen“, sagt Prof. Goerke-Mallet. „Alle Bergbauprojekte benötigen heute Transparenz und einen umfassenden Transfer von der Wissenschaft in die Gesellschaft und wieder zurück. Wir können in dem Projekt in besonderer Weise von dem Wissen der Menschen vor Ort profitieren“, sagt der erfahrende Markscheider und Bergbau-Experte. „Die Anwohner wissen schließlich am besten, wo die Herausforderungen in ihrer unmittelbaren Umgebung liegen und können die Veränderungen in der Landschaft und der Bebauung zum Teil schon über Jahre und Jahrzehnte beobachten und dokumentieren. Die Forschungskooperation für das Kavernenfeld Epe bietet daher einen hoch innovativen Ansatz zur Konfliktlösung durch aktive Beteiligung.“

Einen verbesserten Informationsfluss und mehr Mitsprachemöglichkeiten erhofft sich auch Holger Perrevort, Vorsitzender der Bürgerinitiative. „Wir wollen vor allem genauer informiert werden über die Vorgänge, die hier unter unseren Füßen passieren.“ In der Vergangenheit sei hier vieles falsch gelaufen, sagt der Anwohner. Auf die möglichen Risiken und Auswirkungen der Bodenbewegungen würde nur unzureichend eingegangen, so Perrevort. „Als Bürgerinitiative setzen wir uns schon seit Jahren dafür ein, dass unsere Anliegen ernst genommen werden. Auch muss die Politik hier ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern gerecht werden, etwa wenn Keller nass werden oder sich Risse im Mauerwerk abzeichnen.“

Auch diesen Schäden wollen die Expertinnen und Experten vom Bochumer FZN genauer auf den Grund gehen. In den nächsten 12 Monaten führen sie dafür spezielle Messungen durch – mit Drohnen, die etwa Veränderungen in der Vegetation erfassen können, oder mithilfe von Satellitendaten, die von den Spezialisten von EFTAS aus Münster ausgewertet werden. „Wir besuchen aber auch ganz konkret die Leute vor Ort, führen Gebäudebegehungen durch und vermessen Gebäude und Objekte, die ggf. durch die Bodenbewegungen beeinflusst werden“, erklärt Prof. Dr. Tobias Rudolph, Experte für Geomonitoring am FZN. „Bei diesen Aufgaben sind wir unmittelbar auf die enge Zusammenarbeit mit der Bevölkerung angewiesen und daher sehr dankbar, dass uns hier neue Türen eröffnet werden – im wahrsten Sinne des Wortes.“

Torf und Salz auf einem Tisch.


Die meiste Zeit werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wohl in die Auswertung der umfangreichen Daten investieren: „Wir sichten unter anderem Informationen zum Grundwasser und den umliegenden Gewässern, über den Boden, den Untergrund und die Kavernen.“ Über die Mitglieder der Bürgerinitiative und die Stadt haben sie zusätzlich Zugang zu vielen weiteren wichtigen Quellen wie privaten Messstellen, Brunnen oder kommunalen Geodaten, die sie alle miteinander verknüpfen und analysieren wollen. Das alles natürlich nicht im stillen Kämmerlein, sondern – ganz im Sinne der angestrebten Transparenz – begleitet von regelmäßigen Informationsveranstaltungen, auf denen die Ergebnisse frei veröffentlicht und diskutiert werden sollen.

Diese Vorgehensweise überzeugte auch Rainer Doetkotte, Bürgermeister von Gronau, seine Unterschrift unter den Vertrag zu setzen. Er sieht vor allem langfristig die positiven Effekte für die Region: „Mit dieser Forschungskooperation wurde ein wichtiges Projekt gestartet und ich freue mich, dass wir dafür die das FZN, die EFTAS und die BIK gewinnen konnten. Am Ende möchten wir mit den gesammelten Ergebnissen die interessierte Öffentlichkeit ausführlich informieren, um eventuelle Bedenken und Vorurteile abzubauen und die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen. Des Weiteren können zukünftige Konzepte auf Grundlage der Ergebnisse entwickelt werden und bringen somit einen weiteren wissenschaftlichen Fortschritt für Gronau.“

Dieses 3D-Modell verdeutlicht die Dimensionen des Kavernenfeldes mit seinen Bohrlöchern und Hohlräumen. Die farbigen Schichten zeigen dabei den Aufbau des Deckgebirges – das begehrte Werra Steinsalz ist hier in hellblau eingezeichnet.