„Corona ist ein herber Rückschlag für die Integration“


„Bei der Integration von Zugewanderten geht uns in diesen Wochen viel wertvolle Zeit verloren“, bedauert Netzwerksprecher Marijan Renic von der Integrationsagentur der Caritas Borken. Welche Modelle der Hilfestellung und Netzwerkarbeit unter den Vorzeichen der Corona umsetzbar sind, darüber will das Interkulturelle Netzwerk Westmünsterland am 15. Mai bei der geplanten Video-Konferenz beraten.   

Viele zugewanderte Menschen benötigen dringend Unterstützung, macht Marijan Renic deutlich: „Integrations- und Sprachkurse jedoch sind abgesagt, Beratungsstellen kämpfen mit den Auswirkungen von Kontaktverboten, wichtige Veranstaltungen fallen aus, reale Treffen in Gremien können nicht stattfinden und Maßnahmen nicht durchgeführt werden.“ Es sei ein Dilemma auch für Ehrenamtliche, die Abstand halten müssen und nicht, wie gewohnt tätig sein können. „Corona ist ein herber Rückschlag für die Integration.“

Alle Mitgliedsorganisationen des „Interkulturellen Netzwerks Westmünsterland“, bestehend aus freien Trägern der Wohlfahrtspflege, Bildungseinrichtungen und öffentlichen Trägern im Kreis Borken, erleben zurzeit die drastischen Folgen des Kontaktverbots. Viele suchen in ihrer Arbeit nach innovativen und alternativen Formen oder wenden sie bereits an, um für ihre Zielgruppen arbeitsfähig zu bleiben.

Die zentrale Frage für Marija Renic und die Integrationsarbeiter in den verschiedenen Organisationen lautet: „Wie kann unsere Arbeit in Zeiten des ‚social distancing‘ unter aktuellen Einschränkungen wirksam geleistet werden?“

„Wissen zählt“, sagt Torsten Henseler vom Kommunalen Integrationszentrum des Kreises Borken, und befürwortet Austausch und Kommunikation innerhalb des Netzwerks. „Was funktioniert bereits gut und was können Netzwerkpartner von anderen lernen und übernehmen?“ Seine Behörde wende bereits erfolgreich virtuelle Treffen an. Julia Hoffmann vom Kreissportbund Borken bietet für Vereine kreisweit inzwischen regelmäßig „Live Streams“ mit aktuellen Informationen und Schulungen an. Ahmet Sezer, Integrationsbeauftragter der Stadt Gronau, berichtet ebenfalls von gelungenen Videokonferenzen. Ebenso Jan Meller von der dortigen DRK Integrationsagentur, der mit Ehrenamtlichen arbeitet.

„Die Sprachkursträger haben sich umgestellt“, sagen Reinhold Sandkamp von der „Akademie Klausenhof“, Christian Kania von der „Geba Münster“, Iris Schlautmann, Co- Sprecherin des Netzwerks, verantwortlich für die Integrationsagentur des DRK, und Elisabeth Schmeinck von der VHS Bocholt. Sie alle erproben neue, webbasierte Methoden, um bedarfsorientierte Angebote zu entwickeln. Ihr vorrangiges Ziel heißt: Die Entwöhnung von der deutschen Sprache auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Mit online-basierten Lernplattformen erreiche man allerdings nur die „Starken“, schränkt Christian Kania ein, die überwiegende Mehrheit bleibe außen vor. Einschränkungen gelten auch bei so manchen Ehrenamtlichen. Der Einsatz von Technik kann Begegnung und Engagement nicht ersetzen, sagt Elisabeth Schmeinck zu deren Erfahrungen. „So notwendig virtuelle Formate aktuell sind, jetzt und nach Corona stellten sie doch nur ein zusätzliches Instrument der Integrationsarbeit dar. Die realen Begegnungen zählen, der Mensch ist schließlich ein soziales Wesen.“

Für die nächste Zeit aber muss es darum gehen, Angebote in verschiedenen Formaten an Bedürfnisse anzupassen, so Marijan Renic. Und weil das bereits im Ansatz gelingen soll, um die Wirksamkeit künftiger Aktivitäten sicher zu stellen, zieht das „Interkulturelle Netzwerk Westmünsterland“ bei seiner Videokonferenz am 15. Mai auch externe Moderatoren und deren Erfahrungen hinzu. 

Foto oben: Netzwerksprecher Marijan Renic.